Warum tragen?

Wissenschaftliche Studien belegen, was Eltern intuitiv bereits wissen: Babys sind Traglinge und gehören in die Arme ihrer Eltern. Rein biologisch betrachtet, macht dies wirklich Sinn. Noch immer entsprechen die Voraussetzungen, mit denen Menschenkinder zur Welt kommen, denen der Jäger und Sammler. Das Menschenbaby wird schutzlos geboren, kann sich nicht fortbewegen und sich somit weder selbst ernähren, noch alleine in Sicherheit bringen. Babys kommen also mit einem Grundbedürfnis nach Nähe zu ihren Eltern auf die Welt, die ihnen Sicherheit, Geborgenheit und Ruhe vermittelt. Und dieses fordern sie lautstark ein, so wie es auch Anna in ihrer Tragegeschichte beschreibt.
Biologisch betrachtet lassen sich Menschenkinder als Traglinge bezeichnen. Neben den „Nesthockern“, die relativ unfertig geboren werden und dadurch auf ein Nest angewiesen sind, und den „Nestflüchtern“, die sehr weit entwickelt auf die Welt kommen und sich bereits kurz nach der Geburt eigenständig fortbewegen können, benötigen aktive Traglinge die Unterstützung der Mutter. Während nun die Affenkinder sich im Fell der Mutter festhalten, fehlt den Menschenkindern das Fell. Dennoch zeigen sie eine für den Tragling typische Haltung: die Anhock-Spreiz-Haltung. Während sich der Menschenaffe mit seinen Händen und Füßen im Fell der Mutter festhält nutzt das Menschenbaby seine gesamten Beine. In der Anhock-Spreiz-Haltung umklammert es den Körper der Mutter.

Enger Körperkontakt zu den Eltern stillt das natürliche Bedürfnis der Babys nach Nähe und Geborgenheit.

Neugeborene fordern körperliche Nähe lautstark ein und finden Ruhe in den Armen ihrer Eltern

Tragen fördert die gesunde Hüftreifung

Doch befriedigt das Tragen der Kinder nicht nur deren Grundbedürfnis nach Nähe. Das Tragen in der korrekten Anhock-Spreiz-Haltung unterstützt auch die Ausreifung der kindlichen Hüfte.
Nach der Geburt ist die Hüfte der Kinder noch nicht verknöchert, sondern knorpelig vorgebildet. Somit ist sie in den ersten Lebensmonaten noch empfindlich und bis zum Alter von etwa 18 Monaten sehr formbar. Es ist daher wichtig, auf eine gesunde Ausreifung der kindlichen Hüfte zu achten, um einer Hüftdysplasie und somit gesundheitlichen Problemen im Alter vorzubeugen.
Die Anhock-Spreiz-Haltung entspricht dabei der optimalen Stellung von Oberschenkelknochen und Hüftpfanne zueinander. Ein gute gebundenes Tragetuch oder eine gut eingestellte Tragehilfe unterstützt laut Deutscher Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) diese natürliche Haltung des Babys fördert die ordentliche Ausreifung der kindlichen Hüfte. Dr. Thielemann, LOA UniversitätsCentrum für Orthopädie, Unfall- und Plastische Chirurgie in Dresden, hat mir das in einem Interview ebenfalls bestätigt: das „richtige“ Tragen hab positive Effekte auf die Entwicklung von Gelenken und des Skeletts bei Neugeborenen. Außerdem ist auch der damit verbundene enge körperliche und emotionale Eltern-Kind-Kontakt wichtig für eine gesunde psychosozialen Bindung.

Ein Frühförderprogramm für alle Sinne

Während nun also das Tragen evolutionsbiologisch betrachtet dem Baby das reine Überleben sicherte und aus orthopädischer Sicht vor Schmerzen im Alter schützen kann, so bietet es den Babys ein wahres „Frühförderprogramm“.
Das Getragenwerden spricht nahezu alle seine Sinne an: Es spürt die Bewegung der Eltern, hört die Stimme, den Herzschlag, den Atem und kann in perfektem Abstand das Gesicht und somit die Reaktionen der Eltern beobachten. Es nimmt den Geruch der Eltern intensiv wahr.
Das Tragen ermöglicht dem Baby eine Teilhabe am Leben auf Augenhöhe und zwar sicher und geborgen bei seinen Eltern. 

Der Grundstein für die gesunde Entwicklung jedes Kindes ist eine sichere Eltern-Kind-Beziehung. Und wie lässt sich diese einfacher fördern als beim Tragen? Beim Getragenwerden erfährt das Kind den Alltag der Eltern auf Augenhöhe. Mit einem Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit erkundet es seine Umwelt. Eltern können aufgrund der Nähe leichter die Signale des Babys wahrnehmen und prompt auf seine Bedürfnisse reagieren, wodurch das Baby Sicherheit erfährt. Kinder, die eine solche bedürfnisorientierte, liebevolle Fürsorge erfahren, sind in der Regel ausgeglichener, seltener aggressiv und weniger ängstlich. Sie erfahren ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen, mit dem sie in ein gesundes Leben starten.
Gleichzeitig profitieren auch die Eltern von regelmäßiger, intensiver  Nähe. Sie lernen ihr Kind kennen, entwickeln ein feines Gespür für dessen Bedürfnisse und können schneller auf diese reagieren. So ist es nachvollziehbar, dass ein zufriedenes, ausgeglichenes Kind Eltern in ihrer Kompetenz bestätigen. 

Immer mehr Eltern nutzten diese Möglichkeit ihr Kind zu beruhigen und zu begleiten. Getragene Kinder werden in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung gefördert und erfahren einen bedürfnisorientierten Umgang. Gleichzeitig erleichtert es den Eltern den Alltag aus ganz praktischer Sicht. Sie haben die Hände frei, können den Haushalt erledigen oder schlicht eine Mahlzeit zubereiten, während das Baby sich ausruhen kann. Das Tragen verhilft also jungen Eltern zu einem entspannteren Start in das Familienleben.

Doch wie sollte ein Kind nun getragen werden? Was ist zu beachten? Welche Möglichkeiten gibt es? Eine professionelle Trageberatung gibt Antworten auf diese Fragen.
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